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Stade Brest 29 – AC Ajaccio 1:0

Frankreich, Ligue 2
26, rue de Quimper, F-29200 Brest: Stade Francis-Le-Blé
4. Spieltag 2015-16, 21. August 2015
7.827 Zuschauer (15.097 max.)

Internationale Turniere wie die kommende EM erwecken beim Zuschauer zuweilen den Eindruck, dass der Fußball in den teilnehmenden Ländern etwa den gleichen Stellenwert habe wie bei uns. Ist das so? Dieser Frage wollte ich im Sommerurlaub an einem Beispiel nachgehen.

Als in Frage kommendes Heimspiel bot sich das Match Stade Brestois 29 gegen den AC Ajaccio am 4. Spieltag der 2. französischen Liga an, mithin im Land der nächsten EM.

Die Tickets ließen sich einfach in einem Supermarkt der Kette E.Leclerc kaufen. Valide Informationen über Parkplätze am Stadion hingegen waren nicht so einfach zu beschaffen. Das Stadion Francis Le Blé in Brest liegt in einem bürgerlichen, etwas vernachlässigten Stadtteil mit engen Straßen, wo die Parkplätze schon für seine Bewohner kaum ausreichen. Hinweise auf Parkmöglichkeiten gab es weder auf der Vereinshomepage noch vor Ort in Gestalt von Hinweisschildern.

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Doch stellte sich heraus, dass man sich bei unseren autofreundlichen Nachbarn keine Sorgen wegen Parkgelegenheiten machen musste. Der Parkplatz einer benachbarten Sportstätte war – sogar bewacht – mehr als ausreichend für die wenigen von weiter her anreisenden Fans. Man brauchte halt nur das Glück, den Weg zufällig zu finden.

Die Hauptstraße war zeitig vor dem Spiel gesperrt worden und bildete den Treffpunkt der Fans. Getränke und belegte Baguettes wurden verkauft. Kondensationskeim war die Bar „Le Pénalty“ gegenüber vom Stadion.

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Auffällig für den Gast aus Deutschland war das durchweg höhere Alter der Fans. Und das Fehlen der typischen Verkleidungen: Man sah fast ebenso viele – oder besser: wenige – Jungs in Barca- oder Chelsea-Trikos wie in solchen von Brest, kaum jemand hatte einen Fanschal dabei und noch weniger eine Fahne.

Dieser erste Eindruck bestätigte sich später beim Blick über die insgesamt vier Tribünen. Dazu passte, dass es zwar eine Verkaufsbude des Fanshops gab, diese jedoch geschlossen blieb. Rätselhaft – umso mehr, als der Verein online ein reichhaltiges Angebot vorhält, umfangreicher als viele Bundesligisten.

Offensichtlich benötigen die hiesigen Fans weder Schal noch Badewannenstöpsel, um sich mit ihrer Equipe zu identifizieren.

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Eine Stadionzeitung gab es auch: acht Seiten mit den Mannschaftsaufstellungen, dem Portrait eines eigenen und dem Interview eines gegnerischen Spielers, ein paar kleinen Artikeln und vielen Anzeigen der Werbepartner. Das war wieder wie daheim.

Während des Spiels wurde klar, warum die Fans gekommen waren: Sie wollten ihre Emotionen ausleben, ihr Team gewinnen sehen. Kaum eine Schiedsrichter-Entscheidung gegen die Brestois, kein Foul, keine der zahlreichen vergebenen Chancen der Heimmannschaft blieben ohne lautstarken Protest. Auch das ganz wie daheim.

Die 50, 60 Ultras lieferten den Soundtrack zum Spiel; eine Choreografie war allerdings nicht zu erwarten. Der offizielle Gästeblock war mit etwa sechs Fans spärlich besetzt. Ajaccio liegt auf Korsika und damit zu weit entfernt für einen Freitag-Abend im äußersten Nordwesten des Landes.

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Das Spiel ging mit dem Tor von Youssef Adnane in der 78. Minute als Heimsieg aus. Weniger Glück hatte zuvor Steven Joseph-Monrose von Brest: Gegen Ende der ersten Hälfte versuchte er, aus vollem Lauf vor der Grundlinie nach links in den Strafraum zu flanken, wurde aber von einem Gegenspieler behindert und rauschte in die Werbebande. Er musste vom Feld getragen werden.

Trotz vieler Gemeinsamkeiten – das Stadion als Ort der großen, lauten Gefühle – sind durchaus Unterschiede feststellbar: Nicht überall zeigt sich die Bindung zum Verein in Kostümierung und nicht jeder Verein schöpft das Potenzial der Kommerzialisierung gnadenlos aus. Und es muss nicht immer Stadionwurst sein.

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Aktualisiert am 22. August 2023
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